– TEIL 2 –
Von Denia nach Lanzarote
In Teil 1 der Geschichte über meine ersten Segelerfahrungen und der Fahrt von Griechenland nach Sizilien, waren ja schon einige Pleiten und Pannen dabei. Wer jetzt denkt, dass unsere Pechsträhne ein Ende hat, irrt gewaltig. Hier nun der zweite Teil. Viel Spaß bei Lesen!
Humor ist, wenn man trotzdem segelt!
Das trifft den Nagel auf den Kopf, wenn man meine erste Segelerfahrung, quer durch das Mittelmeer kennt. Für alle die sie nicht kennen, hier mein Segeltrip zwischen Neptun und Poseidon bis zu den Säulen des Herkules.
Wer dachte, dass es im zweiten Teil ruhiger wird, der hat sich geirrt. Es geht genauso weiter, wie es aufgehört hat. Während meiner Zeit in München, hatte ich ständig Kontakt zu meiner Crew. Sie beschlossen spontan nicht in Richtung Balearen zu segeln, sondern an Küste von Frankreich entlang nach Denia. Der Grund war nachvollziehbar, denn nachdem wir im ersten Teil so viele Probleme mit dem Schiff hatten, war es einfach sicherer an der Küste. Zusätzlich versprach der Wetterbericht nicht allzu Gutes für die kommende Zeit. Der Hammer erreichte mich dann im Oktober. Ein Riss im Ruderkoker. Nachdem wir das erste Angebot eingeholt hatten, wurde uns schlecht. Boot raus und die komplette Ruderanlage tauschen: 4000€ + x. Das Geld hatten wir nicht! Sollte hier unsere Reise schon zu Ende sein?
WIEDER ZURÜCK AUF DER LAGERTHA
In Denia angekommen, gab es zur Abwechslung auch mal gute Nachrichten. Unser heißersehnter Windpilot war endlich da und Julia hatte Wolfgang aufgetan. Einen Österreicher, der in Denia aus Karbonfaser Rennboote baut. „Das kriegen wir günstiger hin“, meinte er, als er sich das Dilemma anschaute. In ein paar Tagen Arbeit, ummantelte er unseren Ruderkoker mit Karbonfaser. Das Ganze kostete dann nur noch 400,- €. Nachdem wir den Windpilot installiert hatten, ging es auf den Weg Richtung Gibraltar.
AUCH DAS NOCH!
Auf der Höhe von Garrucha fing wieder der Motor an zu spinnen. „Ich flipp aus!“. Wir manövrierten gerade noch das Boot zum Steg, als der Motor den Geist total aufgab. „Was ist denn jetzt schon wieder? Das kann doch nicht sein!“ Dieselfilter abgeschraubt und nachgeschaut. Ein Braune glibbrige Schlonze kam mir entgegen. „Ja Super!“, dachte ich mir „jetzt haben wir uns noch beim letzten Tanken die Dieselpest eingefangen“. Du kannst dir nicht vorstellen, wie es in mir gebrodelt hat. Jetzt kamen mir Gedanken wie, „hab ich vielleicht einen Dieselfluch oder ist einfach mein Karma Konto leer“. Die Leute die mich kennen wissen, ich könnte ungefähr dieselbe Geschichte über meinen SNOWBALL (VW-T3-Bus) erzählen. Mit dem wollte ich auch um die Welt, hab es aber nicht mal aus Europa geschafft. Der Bulli hatte mehr Zeit in der Werkstatt verbracht, als auf der Straße. Aber das ist eine andere Geschichte.
Standardprozedere bei der Dieselpest:
- Tank aussaugen
- Tank reinigen
- Leitungen reinigen
- alle Filter wechselnZum Glück hatte es kein großes Loch in die Reisekasse gerissen (100 Euro für die Reinigung). Ein Tipp am Rande. Ich besorge mir jetzt meinen Diesel direkt an der PKW-Tankstelle. 3 Kanister und ab ins Taxi. Ist meist auch billiger als in der Marina.
DIE HERBSTSTÜRME BEGINNEN
Nach dem alles sauber war und der Motor wieder schnurrte wie ein Kätzchen, ging es weiter. Kaum aus dem Hafen raus, ging es schon los. Der Wind pfiff uns aus westlicher Richtung mit 20-30 Knoten entgegen. Jetzt fragst du dich bestimmt, warum wir bei schlechtem Wind raus gefahren sind? Das ist eigentlich ganz einfach. Im Herbst 2019 waren ungewöhnliche viele Herbststürme. Die Balearen hatte es besonders schwer getroffen. Wir wollten so schnell wie möglich vorwärts kommen und im Dezember/Januar über den Atlantik. Somit bestand unsere gesamte Reise von Denia bis Gibraltar damit, auf Wetterlöcher zu warten. Raus aufs Wasser und so viele Seemeilen wie möglich runterreißen und wieder rein in den nächsten geschützten Hafen. Für die Strecke von Denia nach Gibraltar (ca.350 Seemeilen) haben wir einen ganzen Monat gebraucht. Das heißt, wir hatten einen Tagesschnitt von ca. 10 Seemeilen. 90% der Strecke mussten wir mit dem Motor zurücklegen. Zumindest der war jetzt endlich auf unserer Seite und lies und nicht mehr im Stich.
GIBRALTAR
Ende November war es endlich soweit. Wir erspähten die Säulen des Hercules und erreichten unser erstes Etappenziel – Gibraltar. Du kannst dir nicht vorstellen, wie groß unsere Freude war. „Jetzt haben wir es bis hier her geschafft, jetzt kann uns nichts mehr aufhalten“, dachten wir.
Fast angekommen, gab es da noch ein kleines Problem bzw. eine letzte Hürde und die hieß „Straße von Gibraltar“. Irgendwie mussten wir es auf die andere Seite nach Marokko schaffen. Mit vollem Elan, breitem Kreuz und dem Gefühl alles zu schaffen,, ging es los Richtung Tanger. Unsere Plan war ganz einfach. Einfach die schmalste Stelle suchen, dann im 90° Winkel durch die Straße und an der marokkanischen Küste entlang nach Tanger. Das ging natürlich auch wieder gewaltig schief und wir scheiterten kläglich an der heftigen Strömung. Einzelheiten kannst du in dem Beitrag Vorbereitung ist alles nachlesen.
ANKUNFT IN TANGER
Nach dem zweiten, erfolgreichen Versuch die Straße von Gibraltar zu passieren, hatten wir endlich Europa verlassen und waren ein großen Stück weiter, auf unserem Weg die Welt zu umsegeln. Von Tanger aus war es ja nur noch ein Katzensprung auf die Kanaren und weiter in die Karibik. „Achtung, wir kommen!“
ÜBERFAHRT NACH LANZAROTE
Wir segelten auf direktem Weg nach Lanzarote. Da schlug das Schicksal wieder zu. Das Wetter schlug um und wir kämpften mit Wind bis zu 50 Knoten und 4 Meter hohen Wellen. Auf Höhe von Casablanca, hatte uns dann fast zeitgleich die Seekrankheit erwischt. Vielleicht war es bei mir auch nur der Stressmagen, weil unser Motor jetzt zum 100sten mal nicht lief und dazu noch die Genua (Vorsegel) riss. Wir wollten doch einfach nur die Batterien nachladen. Keine Chance! Der Motor sprang nicht an. Ein Scheiß Gefühl! Diesmal war ich echt kurz vor dem Aufgeben. Ich hatte absolut die Lust verloren wieder den Motor zu reparieren. Ich wollte es einfach nur aussitzen. Dann die nächste Katastrophe. Als hätte jemand den Schalter umgelegt, hatten wir 0,0 Wind und meine Motivation war komplett am Boden. Es ging nichts mehr! Das war definitiv nicht das Segeln, von dem alle erzählen. Ich konnte mir nicht mehr vorstellen, dass ich das die nächste Jahre mit machen werde. Dann gehe ich zukünftig doch lieber Fuß, da kann nix schief gehen.
MUND ABWISCHEN UND WEITER GEHT´S
Hier muss ich einen großen Dank an meine Frau aussprechen. Sie wollte natürlich auch wieder festen Boden unter den Füssen und hatte es geschafft, mich aus meinem Tief zu holen und wieder auf Spur zu bringen. Sie verpasste mir einen Arschtritt und sagte „ein geht nicht, gibt’s nicht!“ Und so wandte ich mich meiner besten Freundin „Volvorina“ zu und verschwand unter Deck.
Ich wusste beim besten Willen nicht, wo ich anfangen sollte. Ich hatte doch schon alles getauscht, gereinigt und erneuert. Es war für mich auch nicht mehr wichtig den Fehler bzw. den Grund zu finden, sondern nur noch das der Motor wieder läuft. Egal wie! Drum schraubte ich alles ab, was aus meiner Ansicht nicht wichtig war und fütterte den Motor direkt aus einem Ersatzkanister mit Diesel. Kein Filter, keine Leitungen, einfach direkt an die Benzinpumpe. Die Freude war riesig, als der Motor nach ca. zwei Stunden wieder ansprang. Bei mir hat sich das Wort „Glück“ ganz neu definiert. „Glück ist, wenn der Motor startet“. Leider weilte das Glück nur kurze Zeit.
DIESEL SCHMECKT NICHT!
Zack! Motor wieder aus. „Ok!? was hat er jetzt wieder?“ Kurze Sichtprüfung. Der 20 Liter Ersatzkanister war leer. „Wie jetzt? 20 Liter in 30 Minuten?“ Wir fahren sonst eine Stunde mit max. 2 Liter. Und schon hörte ich es knarzen. Es kam aus Richtung des Tanks. Also Sitzpolster zur Seite und den Tank checken. Der war zum Bersten voll. Das Überlaufventil konnte den Diesel gar nicht so schnell ableiten, wie der Motorrücklauf den Tank vollmachte. Und schon wieder was gelernt! Der Motor nimmt nicht nur Diesel – nein er gibt auch.
Für mich war klar, dass ich den Tank erstmal soweit leer machen musste, bis nichts mehr überläuft. Wie in einem schlechten Film saß ich da, mit einem Schlauch im Mund. Nach ein paar großen Schlucken Diesel und einer mittelschweren Sauerei, hatte ich den Rücklauf in den Ersatzkanister umgeleitet. Notiz am Rande. Seit diesem Tag, wird mir immer ein wenig komisch, wenn ich Diesel rieche. Verständlich oder?! Im Video siehst du, wie ich ständig so komisch schlucke. Das war der Restdiesel 🙂
Vorher
Nachher
ÄNDERUNG DER REISEROUTE
Mit Notbehelfstank ging es dann nach Casablanca. Per Funkspruch wurden wir aber abgewiesen und nach Mohammedia (ca. 20 Seemeilen nördlich) geschickt. Erstmal waren wir richtig sauer aber am Ende stellte sich heraus, dass die Marina noch im Bau war. Im kleinen Yachthafen von Mohammedia legten wir an. Nach einer Mütze Schlaf und neuer Motivation, war der Fehler schnell gefunden. Es hatten sich kleine Pfropfen gebildet und die Leitungen verstopft. Ich kann mir bis heute nicht erklären, wo die herkamen. „Haben wir irgendwo Dreck in den Tank bekommen oder waren das noch Reste von der Dieselpest?“
Ein Positives hatte die ganze Aktion. Wenn alles glatt gelaufen wäre, hätten wir nämlich Marokko nie kennengelernt und wären direkt nach Lanzarote gesegelt. Das wäre ein großer Fehler gewesen. Wir haben bei unseren ersten Stopps, Land und Leute sofort lieben gelernt. Somit beschlossen wir, an der Küste bis nach Agadir zu segeln und uns die kleinen Fischorte anzusehen. Diese Zeit war eine der schönsten Erlebnisse auf unserer bisherigen Tour. Marokko ist auf jeden Fall eine Reise wert!
Leider hatte unser Marokko Umweg einen kleinen, faden Beigeschmack. Julias Vater musste uns in Agadir aus gesundheitlichen Gründen verlassen. Zu viel Stress und körperliche Belastung. Mir setzte die Reise schon zu, aber ich bin 30 Jahre jünger und ich kam schon an meine Grenzen. Ab Agadir hieß es für uns beide dann alleine weiter segeln.
AB AUF DIE KANAREN
FAZIT
Auch wenn ich nicht den besten Start hatte, war es für mich eine sehr lehrreiche Erfahrung in meiner noch jungen Segellaufbahn. Ich musste mich sehr intensiv mit vielen Problemen auseinandersetzen und habe dadurch großes Selbstvertrauen gewonnen. Ich weiß jetzt, dass auch in stressigen Situationen die Handgriffe sitzen werden. Mittlerweile werde ich auch nicht mehr nervös, wenn der Motor mal wieder stottert. Es reicht nur noch ein kurzer, böser Blick nach unten zu „Volvorina“. Dann läuft sie wieder wie geschmiert.
Eine ganz wichtige Erfahrung für mich war, dass man sich Zeit nehmen muss beim Segeln. Man darf niemals einem Zeitplan hinterher jagen. Das geht definitiv schief und kann echt gefährlich werden. Genau das ist jetzt unsere Devise. Wir fahren nur noch los, wenn wirklich alles passt: Stimmung, Wetter & Boot.
Und als Schlusswort noch mein Lieblingszitat (Schöpfer ist mir leider unbekannt):
„Ein Segelboot zu besitzen heißt, an den schönsten Orten der Welt zu reparieren.“